Wen gebe ich ab?

Wir sollten die Lebensgeschichte mit berücksichtigen.

 

Die Pubertät wird in der psychologischen Vergleichsliteratur oftmals durch eine sogenannte Überdrussreaktion beschrieben, dass heißt schlichtweg, dass einem die alte Familie langweilig wird und auch gewaltig auf den Geist gehen kann. In dieser Phase der Überdrussreaktion muss der Jungheranwachsende dann eine wichtige lebensgeschichtliche Entscheidung treffen: Abwandern, und sein Heil in der Ferne suchen, oder sich dann doch als vollwertiges Familienmitglied in der Ursprungsgruppe etablieren. Beides geht nicht ohne Reibereien, beides ist nur durch in diesem Alter auch erhöhte Risikobereitschaft möglich. Beobachten Sie also Ihre heranwachsenden Jungspunde genau. Wer in dieser Zeit durch etwas selbstmörderisch – größenwahnsinnig erscheinende Aktivitäten, und eine gewisse nicht nur hemdsärmelige, sondern auch gegebenenfalls sich selbst gefährdende Tendenz zur übertriebenen Abenteuerlust erscheint, ist derjenige, der mental für die Abwanderung am besten vorbereitet ist. Wer in dieser Zeit eher als bedächtiger Bedenkenträger, und am Rande des Geschehens verweilend sich möglichst wenig in Gefahr bringt, ist mental entweder noch nicht oder gar nicht für die Abwanderungstendenz prädestiniert. 

 

Die Rückkehr

Auch nach der Rückkehr von dem oben bereits beschriebenen Einzelspaziergang lässt sich deutlich erkennen, ob der Zurückkehrende sowohl von der Gruppe wieder begeistert aufgenommen wird und auch selbst begeistert auf die Gruppe reagiert, oder doch eher genervt von der erneut wieder auftauchenden Familie ist, bzw. vielleicht ein gegenseitiges Ignorieren auftritt. Wieder haben Sie einen potentiellen Abwanderer, einen potentiell für den Zuchtaustausch geeignetes Tier gesehen. 

Wie wir immer wieder betonen, endet die Pubertät bei einem Hund ja frühestens dann, wenn eine Hündin der betreffenden Rasse drei Läufigkeiten mit allen nachfolgenden Stadien der Scheinträchtigkeit und Scheinmutterschaft erfolgreich durchlaufen hat. Demgemäß sollte also auch eine Hündin möglichst nicht in der ersten, und auch nur bei entsprechender geistiger Reife in der zweiten Läufigkeit abgegeben werden, gerade eher zurückhaltende und vorsichtige Hündinnen sollten vielleicht sogar die dritte Läufigkeit auch noch erleben, bevor die Abwanderung geplant wird. Wie ebenfalls bereits schon öfter dargelegt, ist je nach Rasse und Lebensgeschwindigkeit bei Rüden mindestens das gleiche Alter, eventuell sogar noch etliche Monate später diese geistige Reifezustand zu erwarten.

 

Taktisch nutzen: die Läufigkeit

Im Anschluss nun noch einige, eher dem taktischen Vorgehen bei einer solchen Umsiedlungsaktion zugehörige Empfehlungen: Bei Hündinnen trägt der Zustand der Läufigkeit diesen Namen ja nicht umsonst. Nicht nur die aus dieser Bezeichnung sprechende Erfahrung mit den früheren, eher selbst bestimmten Dorf- und Hofhündinnen, sondern auch die Beobachtungen mal wieder an den genannten, sogenannten Straßenhundgruppen heutige Zeit zeigen, dass Hündinnen im Zeitraum des Proöstrus und des beginnenden Östrus ein größeres Streifgebiet nutzen, und auch insgesamt eine größere Allgemeinaktivität, mehr Markierverhalten etc. zeigen. Es wäre also sicherlich sinnvoll diese Phase der steigenden Aktivität, des erhöhten Markierverhaltens und anderer, auf die Vor- Läufigkeit hindeutende Verhaltenseigenschaften zu nutzen. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, die Hündin abzugeben. 

Auch bei Rüden sind gesteigerte Aktivitäten insbesondere dann zu beobachten, wenn sich eine Mehrzahl von läufigen Hündinnen in der Gruppe bzw. in der näheren Umgebung aufhält. Gegebenenfalls könnte man also hier darauf achten, wann in diesem Jahr, bei den gegebenen Wetter- und Klimabedingungen in der Umgebung oder auch in der Vereins- oder Hundeschulgruppe sich die Vor- Läufigkeiten der Hündinnen häufen. Das wäre dann auch ein guter Zeitpunkt, den Rüden immer wieder weiter und auch vielleicht auf neuen, bisher unbekannten Wegen beim genannten Einzelspaziergang mitzunehmen. Dadurch wird gewissermaßen die Abwanderungstendenz vorbereitet. Mag er dann ohnehin nicht mehr so gerne nach Hause kommen, und ist nicht so sehr am Umkehren interessiert, dann wäre auch hier wieder ein guter Zeitpunkt für die Abgabe erkennbar.

 

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