Dominanz verringert den Einfluss in der Gruppe

Das stärkste, größte und aggressivste Mitglied einer Gruppe ist meist dominant, trifft aber nicht unbedingt alle Entscheidungen. Eine neue Verhaltensstudie zeigt, dass dominante Individuen eine Gruppe zwar durch Gewalt beeinflussen können, passive Individuen eine Gruppe jedoch viel besser zu einem Konsens bringen können. 

 

Groß, stark und aggressiv scheitert

Innerhalb einer Gruppe besonders stark, groß und aggressiv aufzutreten, mag die Dominanz fördern. Dominante Individuen treffen aber nicht zwangsläufig alle Entscheidungen. Eine neue Studie  zeigt, dass dominante Individuen eine Gruppe zwar gewaltsam beeinflussen können, passive Individuen einer Gruppe jedoch viel erfolgreicher bei der Herbeiführung eines Konsens agieren. Die Studie, die von einem internationalen Forschungsteam des Konstanzer Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie, der Universität Konstanz und der University of Texas in Austin veröffentlicht wurde, widerlegt die Annahme, dass dominante Individuen den größten Einfluss auf ihre Gruppen ausüben.

 

Viele Kontakte und doch einsam 

Durch die Verwendung zusätzlicher, auf maschinellem Lernen basierender Trackingmethoden, bei denen modernste, in den Computerwissenschaften entwickelte Techniken zum Einsatz kommen, konnten die Forschenden die unterschiedlichen Verhaltensweisen von dominanten und untergeordneten Männchen entschlüsseln: Dominante Männchen spielten in sozialen Verhaltensnetzwerken die Hauptrolle (sie interagierten häufig mit anderen), besetzten in räumlichen Netzwerken jedoch eher Randpositionen (sie wurden von anderen gemieden). 

 

Was war zuerst? 

Nun kann man sich die Frage nach dem Huhn und dem Ei stellen. Was war zuerst da? Entsteht Dominanz bei einem Hund, weil er von anderen gemieden wird und diese Meidung "aufbrechen" möchte - oder wird er gemieden, weil er von Beginn an sozial übergreifend agiert? Auf jeden Fall ist dieses Ergebnis ist für unser Verständnis von der Entwicklung von Tiergesellschaften ebenso relevant wie für unser Verständnis von Führungsstrukturen in Organisationen. „In vielen Gesellschaften, ob tierisch oder menschlich, weisen Individuen in Machtpositionen ähnliche Merkmale bzw. Verhaltensweisen auf, nämlich Aggression, Einschüchterung und Nötigung“, sagt Studienleiter Jordan. „Eine effektive Kommunikation erfordert jedoch die Einbeziehung vieler Stimmen, nicht nur der lautesten. Unsere Erkenntnisse aus einem natürlichen System zeigen, dass alternative Wege zur Macht durchaus dabei helfen könnten, stärkere Beratungs-, Regierungs- und Bildungsstrukturen zu schaffen.“